Manche Menschen glauben, Frauen, die sich verschleiern, vor allem mit einem Nikab („Vollverschleierung“), seien in einem „Stoffkäfig“ gefangen. 

Für mich trifft diese Annahme nicht zu, ich nehme meinen Dschilbab und meinen Nikab weder als „Stoffkäfig“ wahr noch fühle ich mich darin gefangen. Ganz im Gegenteil: Wenn ich in der Öffentlichkeit Dschilbab und Nikab trage, dann fühle ich mich frei. Genauer gesagt: Befreit. Befreit zu einem besseren Leben.

Freiheit ist für mich ein essenzielles Thema.

Ein Bibelvers, der für mein Glaubensleben zentral ist, seitdem er mein Taufspruch wurde, ist Johannes 8,32: „Und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch freimachen“. Ich habe das gerade im Hinblick auf den Schleier erlebt, als ich es als Wahrheit erkannt habe, dass der Schleier Gottes Wille für mich ist. Dass Gott will, dass ich den Schleier trage. 

Ich habe dadurch gelernt, dass der Schleier mich zu einem besseren Leben befreit. Ich bin, seitdem ich in der Öffentlichkeit den Schleier trage und mich als „Nikabi“ verstehe, viel zufriedener mit mir selbst. Ich fühle mich leichter, entspannter, glücklicher. 

Der Schleier gibt mir die Freiheit, selbst zu bestimmen, wem ich was von mir zeige. Und wie ich mich zeige. 

Der Schleier ist für mich ein befreiender Gegenentwurf zu einer sexualisierten und dabei sehr misogynen Gesellschaft, die bei Frauen vor allem auf das Äußere schaut, die den Wert einer Frau immer auch an ihrem Äußeren festmacht. Die eine Frau danach beurteilt, wie sie aussieht. 

Der Schleier ist meine zweite Haut. Er gibt mir ein neutrales Äußeres, das die Menschen zwingt, sich mit meinen inneren Werten auseinanderzusetzen. 

Der Schleier befreit mich zu einem Leben, in dem ich nicht mehr mit der Masse mitschwimmen muss, in dem ich mich nicht mehr dem Vergleich mit anderen Frauen stellen muss. Wer in der Masse mitschwimmt, wird als Individuum unsichtbar. Einen Fisch unter vielen nimmt niemand wahr, er verschwindet. 

Den Schleier zu tragen, hat mich auch dazu befreit, bei anderen Menschen mehr auf die inneren Werte zu achten, nicht auf das Äußere. Das geht natürlich bei Frauen, die ebenfalls den Schleier tragen, leichter. Aber auch bei denen, die sich nicht verschleiern, fällt es mir nun leichter, nicht auf das Aussehen zu schauen. 

Der Schleier ist für mich zu einem wichtigen Teil meiner Identität geworden. Wer ihn mir verbieten will, nimmt mir damit ein Stück meiner Identität, schränkt mich in meiner Freiheit ein. 

Ich schrieb oben, dass der Schleier mich zu einem besseren Leben befreit. Ich bin, nur weil ich Schleier trage, kein besserer Mensch. Aber ich glaube, dass er mir hilft, ein besserer Mensch zu sein, weil ich durch ihn lerne, dass aus Äußerlichkeiten kein Wert für einen Menschen erwächst, sondern dass s auf das Herz ankommt.

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